Artenvielfalt am Scheideweg

CDU und FDP lehnen Volksinitiative ab – „Ohrfeige für den Naturschutz“

Düsseldorf – Mit Empörung reagieren die nordrhein-westfälischen Landesverbände des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und des Naturschutzbund Deutschland (NABU) auf die Ablehnung ihrer gemeinsamen Volksinitiative Artenvielfalt NRW durch die Regierungsfraktionen CDU und FDP im Landtag. „Damit wird eine Riesenchance für den Erhalt der Artenvielfalt in NRW vertan. Der dramatische Schwund an Pflanzen- und Tierarten ist neben der Klimakrise eine existentielle Zukunftsfrage. Anstatt die von mehr als 115.000 Menschen in NRW unterstützen Forderungen für ein ‚Handlungsprogramm Artenvielfalt‘ als Rückenwind für umfassendes Handeln anzunehmen, werden mickrige, unverbindliche und teils peinliche Alternativen angeboten“, so die Naturschutzverbände. Dass in der gestrigen spätabendlichen Landtagsdebatte seitens der CDU-Sprecherin zum Beispiel mehr Straßenbegleitgrün als Beitrag zur Artenvielfalt angeführt wurde, spreche für sich. Auch der Vorschlag nach einem Runden Tisch löse keines der Probleme. Die Fraktionen von SPD und Grünen unterstützten hingegen das Anliegen der Volksinitiative.

Holger Sticht, BUND-Landesvorsitzender: „Schwarz-Gelb hat die Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt. Um den ungebremsten Artenverlust und die ökologische Verarmung in NRW zu stoppen brauchen wir substanzielle Änderungen, es darf nicht noch mehr Zeit unnütz verstreichen. Ob Flächenverbrauch, naturverträgliche Landwirtschaft, naturnahe Wälder, Artenschutz in der Stadt oder lebendige Auen: Fast alle Ansätze werden von CDU und FDP im Landtag zerredet, nicht aufgegriffen oder als vermeintlich erledigt betrachtet. Wo entschlossenes Handeln erforderlich ist, setzen sie auf Freiwilligkeit. Auch im fünften Amtsjahr der Landesregierung und 16 Monate nach dem Start der Volksinitiative bewegt sich in Sachen Artenvielfalt kaum etwas. Wir brauchen jetzt endlich konkrete Beschlüsse und ein verbindliches Umsetzen in Landesgesetze und Förderprogramme mit klarer Zeitplanung.“

Mark vom Hofe, LNU-Vorsitzender: „Ich bin fassungslos über die ignorante Haltung der Regierungsfraktionen, die hiermit die erste Naturschutz-Volksinitiative in der Geschichte des Landes gekippt haben. In anderen Bundesländern sind die jeweiligen Regierungsfraktionen klüger mit den Insektenschutz- und Artenvielfaltsinitiativen umgegangen, so in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachen und Brandenburg. Überall kam es in Folge der dortigen Volksbegehren oder Volksinitiativen zu konkreten Beschlüssen und Veränderungen. Der Beschluss der Mehrheitsfraktionen ist eine Aneinanderkettung von unverbindlichen Ankündigungen ohne klaren Zeitrahmen, mit denen sich die aktuelle Landesregierung offenbar nur bis zu den Landtagswahlen im Mai 2022 herüberretten möchte.“

Dr. Heide Naderer, NABU-Landesvorsitzende: „Die Ablehnung unserer Initiative, die von einem breiten Bündnis von fast 100 Organisationen getragen wurde, ist eine Ohrfeige für den Naturschutz und die vielen Ehrenamtlichen im Land, die unter schwierigsten Rahmenbedingungen während der Corona-Pandemie in einem enormen Kraftakt Unterschriften gesammelt haben. Statt eines in der Volksinitiative geforderten ´Handlungsprogramms Artenvielfalt NRW´ wird mit dem Antrag von CDU und FDP ein kleinteiliges Allerlei vorgelegt. Statt notwendigen Verbesserungen wird an dem ohnehin Geplanten ambitionslos festgehalten. Die schwarz-gelbe Landesregierung beweist einmal mehr, dass sie offenbar nicht verstanden hat, worum es in der Sache den Bürgerinnen und Bürgern geht: um einen nachhaltigen und umfassenden Wandel im Umgang mit unserer natürlichen Lebensgrundlage! So wird Ministerpräsident Wüst an seinem Vorhaben, die Schöpfung zu bewahren, scheitern.“

Volksinitiative: Schwarz-Gelb ignoriert Stimmen für mehr Artenvielfalt

Düsseldorf – Mit Unverständnis reagieren die nordrhein-westfälischen Landesverbände des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und des Naturschutzbund Deutschland (NABU) auf den gestrigen Beschluss des Umweltausschusses zur Ablehnung der Volksinitiative Artenvielfalt NRW. Damit werde die Chance verpasst, zum Ende der Legislaturperiode etliche Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zu korrigieren und die Weichen für mehr Artenvielfalt in NRW zu stellen.

Gestern hatte die Mehrheit aus CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen der Volksinitiative eine Absage erteilt. Für deren Initiatoren ist dies „ein Schlag ins Gesicht von mehr als 115.000 NRW-Bürger*innen, die vom Landtag die Verabschiedung eines Handlungsprogramms Artenvielfalt NRW eingefordert hatten.“ Angesichts des fortschreitenden Artenschwundes und des weiter ungebremsten Flächenfraßes sei dies ein „naturschutzpolitischer Offenbarungseid“.

BUND, LNU und NABU hatten mit der Volksinitiative Artenvielfalt NRW acht zentrale Handlungsfelder für mehr Artenvielfalt aufgezeigt und einen grundsätzlichen Politikwechsel eingefordert. Ob in der Gewässerschutz- oder Waldpolitik, ob beim Stadtnaturschutz oder der Landesplanung – überall hätten CDU und FDP sich mit dem gestrigen Beschluss klar für ein „Weiter so wie bisher“ entschieden. Damit müssten die Mehrheitsfraktionen aber auch die Verantwortung für den zunehmenden Verlust an Artenvielfalt und die ökologische Verarmung in NRW übernehmen. Die Naturschutzverbände kündigten an, trotz der „akuten Enttäuschung“ weiter für die Inhalte der Volksinitiative zu kämpfen. „Die Landtagswahl am 15. Mai 2022 ist nicht nur eine Klimawahl, dann wird auch über den Ausweg aus der Biodiversitätskrise entschieden.“