Volksinitiative Artenvielfalt: NRW darf Insektenschutz nicht länger ausbremsen

Länderöffnungsklausel für mehr Insektenschutz nutzen

Düsseldorf | Nach der heutigen Einigung des Bundeskabinetts zum Insektenschutz fordern die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Landesregierung auf, den Insektenschutz in NRW nicht länger auszubremsen. Die Strategie, zusammen mit dem Bauernverband alle Bemühungen zu torpedieren, den Einsatz von Pestiziden in Naturschutz- und weiteren Schutzgebieten zu reduzieren, müsse ein Ende haben.

Das angekündigte ‚Nein‘ zur Pflanzenschutzanwendungsverordnung im Bundesrat müsse revidiert werden. Dies wäre ein fatales Signal für den Naturschutz in Nordrhein-Westfalen, wo mehr als die Hälfte der Schmetterlinge, Wildbienen und Wespen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen und fast jede zweite Heuschrecken- und Libellenart bedroht ist. Vor NRW liege nun eine Menge Arbeit. Die Verbände fordern, dass das Land die Spielräume bei der Umsetzung des Insektenschutzes dazu nutzt, für deutliche Verbesserungen zu sorgen. 

Artenvielfalt ist wie der Klimaschutz existenziell und keine Frage von Freiwilligkeit!

Volksinitiative Artenvielfalt NRW

Naturschutz- und FFH-Gebiete sowie gesetzlich geschützte Biotope haben eine herausragende Aufgabe: Sie sollen Lebensräume und ihre Artenvielfalt bewahren und fördern. Dass es mit Unterstützung der Landesregierung auch künftig zulässig sein soll, auf Flächen innerhalb von Schutzgebieten Pestizide einzusetzen und damit dort lebende Insekten und andere Tiere sowie Pflanzen zu schädigen, sei angesichts des dramatischen Artenschwunds hochgradig ignorant. Die Strategie der Landesregierung, Hand in Hand mit Rheinischem und Westfälisch-Lippischem Landwirtschaftsverband und Land-schafft-Verbindung allein auf Freiwilligkeit und Kooperation mit dem Naturschutz zu setzen, sei gescheitert. Neben positiven Anreizen wie die Förderung des ökologischen Anbaus und die Stärkung des Vertragsnaturschutzes bedarf es aus Sicht der Naturschutzverbände auch verbindlicher Gesetze: Artenvielfalt ist wie der Klimaschutz existenziell und keine Frage von Freiwilligkeit. Mit der Blockadehaltung der Landesregierung gingen dem Natur- und Artenschutz weitere wichtige Jahre verloren.

Mit der Volksinitiative Artenvielfalt NRW wollen die Verbände diese Blockadehaltung durchbrechen. Die bereits von mehr als 72.000 Menschen unterstützte Volksinitiative zeigt in acht zentralen Handlungsfeldern konkrete Handlungsvorschläge zum Stopp des Artenschwunds und zur Förderung der biologischen Vielfalt in NRW auf, so auch zum künftigen Umgang mit Schutzgebieten in NRW.

Wassergesetz-Novelle demontiert Naturschutz

Volksinitiative Artenvielfalt NRW drängt auf Zurücknahme des jetzigen Entwurfes

Die Novelle demontiert den Grundwasser- und Gewässerschutz nahezu vollständig. So ist zukünftig vorgesehen auf Gewässerrandstreifen zu verzichten, den Rohstoffabbau in Trinkwasserschutzgebieten zu erlauben und Wassernutzungsrechte zu vereinfachen.

Foto: Thorsten Wiegers
Lippeaue. Foto: Thorsten Wiegers.

9. November 2020 Anlässlich der Anhörung zur Novelle des Landeswassergesetzes fordern die NRW-Naturschutzverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die schwarz-gelbe Landesregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzunehmen. Die Novelle würde den Grundwasser- und Gewässerschutz nahezu vollständig demontieren. So sei zukünftig vorgesehen auf Gewässerrandstreifen zu verzichten, den Rohstoffabbau in Trinkwasserschutzgebieten zu erlauben und Wassernutzungsrechte zu vereinfachen. Dies sei gerade in Zeiten des Klimawandels und angesichts des rapiden Verlusts an Biodiversität ein fatales Signal und unterstreiche die Dringlichkeit der von BUND, LNU und NABU getragenen Volksinitiative Artenvielfalt in NRW‘.

Besonders gravierend sei aus Sicht der Naturschutzverbände die vorgesehene Streichung der Gewässerrandstreifen. Die Begründung der Landesregierung, dass diese schon in der Dünge-Verordnung vorgesehen sind, sei nur die halbe Wahrheit: „Diese sieht Gewässerrandstreifen nur in Hanglagen vor – wir brauchen aber Gewässerrandstreifen im ganzen Land, gerade auch im Flachland“, sagte die NABU-Landeschefin Dr. Heide Naderer. Denn Bäche, Flüsse und ihre Auen seien hochspezielle Lebensräume und wichtige Wanderkorridore für Pflanzen und Tiere und benötigten effektiven Schutz, um diese Funktion auch erfüllen zu können. “Deshalb ist die Sicherung lebendiger Gewässerrandstreifen ohne Gift und Gülle unerlässlich! Doch was macht die Landesregierung? – Sie streicht sie aus dem Gesetz!“, so Naderer weiter.

„Während tausende Bürgerinnen und Bürger zurzeit mit ihrer Unterschrift für die Volksinitiative Artenvielfalt deutlich machen, dass sie mehr und bessere Anstrengungen der Landesregierung für Natur- und Artenschutz erwarten, macht die Landesregierung weiter genau das Gegenteil“, sagte Holger Sticht, Landesvorsitzender des BUND. Dabei sei der Handlungsbedarf zur Reduzierung von Stoffeinträgen in unsere Gewässer durch Düngemittel, aber auch von Pestiziden unstrittig. Gewässerrandstreifen können diese Einträge reduzieren, bilden die Grundlage eines funktionierenden Biotopverbundes in der Fläche und dienen als zentrale Pufferzonen zum Schutz der Biodiversität, vor Bodenerosion sowie zur Abfederung der Folgen des Klimawandels und von Hochwasserereignissen.

Heftige Kritik erntet auch die geplante Streichung des Abgrabungsverbotes in Wasserschutzgebieten. Diese stehe in eklatantem Widerspruch zu dem von der Landesregierung angestrebten Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung. Durch den ungezügelten Abbau von Rohstoffen werde die zum Schutz des Grundwassers notwendigen Deckschichten zerstört. Mit diesem Verlust der Filter- und Pufferfunktion gehe eine unmittelbare Gefährdung des Trinkwassers einher. „Vor dem Hintergrund zunehmender Hitze- und Trockenphasen ist es unverantwortlich, den bisherigen Umgang mit Wasser einfach fortzuschreiben oder gar zu verschlechtern“, sagte der LNU-Vorsitzende Mark vom Hofe. „Es braucht dringend Wasserversorgungskonzepte für einen sorgsameren Umgang mit unserem wichtigsten Lebensmittel.“ Vorrangig müssten der Erhalt natürlicher Kreisläufe und die Trinkwasserversorgung gesichert, Industrie- und landwirtschaftliche Wasserentnahmen stärker reguliert und kontrolliert werden statt weiter großzügig und unkontrolliert Wasserrechte zu verteilen.

Jeder einzelne Kritikpunkt an diesem umweltpolitisch katastrophalen Gesetzentwurf´ belege die Handlungsrichtschnur der Landesregierung: statt Gemeinwohlinteressen umzusetzen, würden Lobbyinteressen von Rohstoffindustrie und Landwirtschaftsverbänden, so die Naturschutzverbände. BUND, LNU und NABU fordern die Landesregierung daher auf, den Entwurf des Landeswassergesetzes umgehend zurückzuziehen und mit den Naturschutzverbänden einen zukunftsfähigen Entwurf zu erarbeiten. Gleichzeitig appellierten die Naturschützer an die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens, die Forderung der ‚Volksinitiative Artenvielfalt NRW‘ nach lebendigen Gewässern und Auen mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Der Gang der schwarz-gelben Landesregierung in die umweltpolitische Steinzeit müsse gestoppt werden.